Aus dem Prospekt zur Personalaustellung von Bo¾ena Nawka-Kunysz im Schlesischen Museum in Kattowitz im Mai 1993 von Henryk Waniek, Warzawa, Maler, Publizist und Kunstkritiker




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"Sehr gern schreibe ich diese Worte, denn an meine jüngere Kollegin erinnere ich mich als an einen Menschen, der natürlich und ohne künstlische Allüren seinen Weg gegangen ist. Aus der nicht sehr grossen Schar der Studierenden und angehenden Debütanten fiel sie durch ihr grosses, ja überdurchschnittliches Talent auf, und sicher erinnert sich jeder aus der damaligen Zeit an sie. Aber wenige wussten - war auch unter ihnen? - , dass diese schöne und sich von den anderen durch ihre Sprache und ihr bescheidenes Auftreten abhebende junge Frau eine arbeitsame, fleissige, geschickte und anspruchsvolle Künstlerin ist.
Sie kam aus einer geheimnisvollen Region an der Lausitzer Neisse, aus einem Kulturkreis, von dem wir wenig wussten. Sie machte uns mit dieser Kultur bekannt und brachte uns einen bis dahin unbekannten soliden Arbeitsstil näher. Später, als die Absolventen auseinandergingen und Ihre eigenen Wege einschlugen, prahlte sie nicht mit ihren Leistungen...
...In den 80er Jahren habe ich eine Gemeinschaftsausstellung Kattowitzer Künstler besucht, und mich überraschte ein dort ausgestelltes Bild von Bo¾ena. Das Bild war bemerkenswert, obwohl es sich in der Menge der dort ausgestellten Objekte ein wenig verlor. Irgendwo erfuhr ich, dass sie auch erfolgreich als Illustratorin arbeitet und viele Bücher illustriert hat. Diese Tatsache war deshalb in unserem Künstlermilieu wenig bekannt, weil ihre Arbeiten vor allem an die Leser des sorbischen Domowina-Verlages gerichtet sind. In dieser Zeit habe ich einige Male mit Bo¾ena gesprochen. Ich bat sie um Informationen über die Sorben, weil mich die Kultur der Westslaven besonders interessiert. Im Jahre 1990 besuchte ich das erste und letzte Mal die ehemalige DDR... Ich war auf der Durchreise in Bautzen und traf Bo¾enas Eltern und ihren Bruder. Mir wurden Bilder gezeigt. Es waren eindrucksvolle poetische Malereien aus der Welt der Märchen und Phantasien, der Träume und Sehnsüchte. Bilder, die ihren Zeichnungen ähnlich waren. Nachts, im Zug nach Wroc³aw (Breslau), durchblätterte ich ein Buch mit Gedichten ihres Bruders Tmasz Nawka, das sie illustriert hatte. Wenn diese Gedichte, in einer für mich wenig verständlichen Sprache, so gefühlvoll und gut wie die sie ergänzenden Illustrationen sind, dann kann ich von einem Werk gesteigerter Poesie sprechen: der geschriebenen und der zeitlos ins Bild gezauberten..."